Was Kommunikation stark macht.
Wir sprachen mit Prof. Dr. Petra Jansen über ihr aktuelles Buch „Einfühlsame Kommunikation“, das sie gemeinsam mit Dr. Stefanie Richter geschrieben hat. Petra Jansen ist Professorin für kognitive Psychologie und verfolgt unter anderem die Wirkungserforschung achtsamkeitsbasierter Praktiken. Als wissenschaftliche Beraterin und Meditationslehrerin ist sie Teil des Expertennetzwerks von Neuskill®.
Eine interdisziplinäre und auch neuropsychologische Auseinandersetzung mit Kommunikation ist wichtiger denn je. Damit zum Beispiel Moderation als wesentliches Führungsinstrument in agilen Umfeldern tatsächlich das Wissen aller Netzwerkteilnehmer verfügbar machen kann, bedarf es einer unvoreingenommenen und zunächst wertfreien Moderation und Kommunikation. Dabei müssen alle Kommunikationsteilnehmer einen Sprung in ihren Kommunikationskompetenzen machen, der weniger durch Methoden und Tools, als vielmehr durch Persönlichkeitsentwicklung gekennzeichnet ist. Das Buch „Einfühlsame Kommunikation“ (erschienen im Hogrefe Verlag) gibt dabei einige interessante Hinweise, denen wir im Interview mit Petra Jansen nachgegangen sind.
Neuskill®: „Einfühlsame Kommunikation“ - worum geht es in dem Buch, das Du gemeinsam mit Stefanie Richter geschrieben hast?
Petra Jansen: In dem Buch geht es darum, dass wir alle einzigartig sind, weil wir uns in unseren kognitiven, emotionalen, physischen und transpersonalen Fähigkeiten unterscheiden. Letztere gehen über die Person hinaus und sind eher im spirituellen Bereich angesiedelt. Wichtig ist es daher, die eigene Kombination dieser vier Facetten zu erkennen. Dadurch kann ich dann auch die einzigartige Kombination dieser Aspekte bei meiner Kommunikationspartnerin erkennen und verstehen, warum sie vielleicht Dinge anders sieht oder anders kommuniziert. In diesem Buch stellen wir die unterschiedlichen Facetten ausführlich und wissenschaftlich belegt dar.
Neuskill®: Kannst Du die Facetten mit Blick auf Kommunikation näher vorstellen?
Petra Jansen: Kognitive Aspekte bei der Kommunikation spielen z.B. bei der rationalen Analyse von Argumenten eine Rolle, oder dann, wenn man aus etwas Gesagtem einen Transfer zu einer anderen Gegebenheit herstellt. Immer wenn Gefühle bei der Kommunikation eine Rolle spielen, dann ist die emotionale Facette wichtig. Wir kommunizieren aber nicht nur mit unserer Sprache, sondern auch mit unserer Gestik, Mimik und u.a. der Körperhaltung, deswegen spielen die physischen Aspekte eine Rolle. Und dann gibt es bei der Kommunikation noch etwas, was in den gängigen Modellen vernachlässigt wurde. Es ist eine „transpersonale“ Facette, die über die Person hinaus geht. Vielleicht lässt es sich am besten dadurch aufzeigen, dass manchmal in der Kommunikation eine bestimmte Stimmung mitschwingt.
Neuskill®: Warum ist Persönlichkeitsentwicklung für erfolgreiche Kommunikation wichtiger als die Suche nach dem perfekten Ausdruck?
Petra Jansen: Der perfekte Ausdruck ist Schein und dieser hält nicht lange. Wichtig ist es, sich selber zu erkennen, authentisch zu sein. Das zu leben, was man selber ist. Der Eine, der vielleicht eine hohe körperliche Kompetenz hat, findet zu sich selber im Yoga und beim Schwimmen, die Andere (mit einer hohen kognitiven Kompetenz) beim Lösen mathematischer Probleme. Das eine ist nicht besser als das andere, es geht nur darum, das zu finden, was den eigenen Weg ausmacht und dem anderen zuzugestehen, dass er einen anderen Weg geht. Wenn das gelingt, begegnen sich zwei authentische Menschen und die Kommunikation ist authentisch. Es ist nichts dazwischen – keine Vorurteile, Erwartungen und so weiter.
Neuskill®: Wie sieht denn zum Beispiel die Kommunikation bei eher körperlich kompetenten Menschen aus?
Petra Jansen: So einfach lässt sich das natürlich nicht zu sagen, weil auch die Facetten der körperlichen Kompetenz sich wieder unterscheiden. Nehmen wir hier nur mal den Aspekt des Körperbildes. Körperlich kompetente Menschen besitzen oft ein positives Körperbild, sie sind zufrieden mit ihrem Körper. Dies kann dazu führen, dass sie sich in einer Kommunikation nicht wegducken und auch die Körperhaltung des anderen wahrnehmen. Ein kognitiv orientierter Mensch wird vielleicht gar nicht so sehr auf die Körperhaltung des Gegenübers achten, sondern nur die Argumente wahrnehmen und analysieren.
Neuskill®: Wie kann sich jeder schon heute auf den Weg zu einer authentischeren Kommunikation machen? Was wären ganz praktische Ansatzpunkte, die wissenschaftlich belegt Erfolg versprechen?
Petra Jansen: Wir glauben, dass der erste Schritt die Selbstwahrnehmung ist, die Anerkennung der eigenen Person. Dies führt zu einer authentischen Kommunikation, nämlich sich selbst und anderen gegenüber wahrhaftig zu sein. Ein zweiter wichtiger Punkt ist das Selbstmitgefühl, welches neben der Achtsamkeit die Fähigkeit bezeichnet, sich selber ein guter Freund oder eine gute Freundin zu sein und zu erkennen, dass alle Menschen miteinander verbunden sind. Gerade die Steigerung des Selbstmitgefühls führt zu einem gesteigerten Wohlbefinden und wir alle wissen, dass wir mit einem positiven Wohlbefinden ganz anders kommunizieren, als wenn wir gestresst sind.
Neuskill®: Unsere Wahrnehmung - jeder hat seine Brille auf: Was bedeutet das für das Gelingen von Kommunikation?
Petra Jansen: Das Problem ist, dass wir oft davon ausgehen, dass jeder Andere die Welt so sieht wie wir selber. Das ist aber nicht der Fall. Sind Sie schon einmal aus einer Sitzung heraus gegangen und Ihr Gegenüber hat etwas ganz anderes aus der Sitzung als „Take-Home-Message“ mitgenommen als Sie selber? Oder sind Sie freudestrahlend von einem Einkauf wieder gekommen und haben Ihre Kinder gefragt, wie diese ihr neues türkises Kleid finden? Und Ihre Kinder haben Sie entsetzt angeschaut, weil das Kleid doch grün und nicht türkis ist! Wir haben unsere eigene durch Erfahrungen geprägte Brille und gedenken diese dem Anderen zu, ohne seine Brille zu sehen. Dies führt dann oft zu Missverständnissen.
Neuskill®: Und warum kann hier Achtsamkeit weiterhelfen?
Petra Jansen: Achtsamkeit lässt uns den Moment und die Situation wahrnehmen, ohne sie zu werten. Durch die Praxis der Achtsamkeit lernen wir, unsere eigenen Bedürfnisse und unsere „Brille“ wahrzunehmen und die Brille der Anderen besser zu erkennen. Achtsamkeit ermöglicht es uns, jede Situation neu und mit Anfängergeist zu betrachten. Dadurch gewinnen wir eine neue Offenheit in der Kommunikation.
Neuskill®: Kann jeder durch Meditation zum besseren Kommunikator werden? Im Sinne von mehr Impulskontrolle und weniger vorgefertigte Meinung, die sonst in der alltäglichen Kommunikation eines Jeden mitschwingt.
Petra Jansen: Ja, wenn er oder sie sich in der Meditation wiederfindet, ja. Aber das wollen wir auch mit unserem Buch sagen: Manche Menschen finden ihren inneren Frieden beim Lösen komplizierter Mathematikaufgaben und andere Menschen beim Marathon-Laufen. Diesen eigenen Frieden zu finden, darum geht es. Aber klar, die Meditation hilft uns, das zu akzeptieren was ist und weniger Erwartungen zu haben; und damit eben auch gar nicht mehr auf jeden Impuls sofort reagieren zu müssen. Viktor Frankl hat einmal gesagt: „Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unserer Freiheit“. Die Meditation hilft uns, den Raum zwischen Reiz und Reaktion und damit auch die eigene Handlungsmöglichkeit zu erfahren.